Mediterranean Coast & The Rif

Vier Stunden dauerte die Überfahrt nach Melilla. Die spanische Exklave besteht aus einer tollen Burg, und einigen extrem herausgeputzten Parkanlagen. Ich setzte mich in ein Kaffee und beobachtete das Geschehen im Citycenter. Hier scheint man Geld zu haben. Alle Leute waren extrem gut gekleidet und ich fühlte mich mal wieder etwas fehlplatziert. Auch bedient wurde ich nicht. So kaufte ich mir ein paar Snacks und checkte dann frühzeitig in mein Hotel ein, um meine Tour für Marokko auszuarbeiten.

Nach einer last Minute Einkaufstour (wer weiss wann ich das nächste Mal auf Haferflocken stosse), ging es auf direktem Weg zur Grenze. Der Übergang war beides, sehr relaxt und sehr chaotisch. Die Schlange von Autos war riesig und mit viel Gehupe und Gedränge versuchte man sich vorwärts zu kämpfen. Zwischen den Autos bewegten sich tausende von Menschen entweder zu Fuss, auf Fahrräder oder auf dem Motorrad. Inmitten der Schlange be- und entlud all mögliche von Transportmittel bis hin zum Esel. Ich zählte Minimum sechs Typen von Uniformen, doch weder Polizei noch Armee konnte Ordnung in die Situation bringen. So drängelte auch ich mich irgendwie vorwärts. Als ich die Formulare ausgefüllt hatte und dem Grenzposten meinen Pass aushändigte, rauchte dieser zuerst einmal eine Malbero, bevor er dann gemütlich meine Daten in den Computer tippte. Auf der marokkanischen Seite der Grenze war das Chaos noch viel grösser. Es war der absolute Wahnsinn ich fühlte mich grossartig. Jeder zweite wünschte mir „bon voyage“ oder rief mir ein „welcome to Morocco“ zu, ich fuhr strahlend los Richtung Nardor. Anschliessend wurde es etwas ruhiger, der Verkehr legte sich, die Landschaft wurde interessanter. Eine Stunde bevor es eindunkelte sah ich mich für eine Übernachtungsmöglichkeit um. Da weit und breit kein Dorf in der Umgebung war, entschied ich mich bereits in der ersten Nacht wild zu campen. Ich fand einen wunderschönen Spot mit Ausblick aufs Meer und hatte eine ungestörte ruhige Nacht.

Ich startete früh am nächsten Tag, da ich Al Hoceima erreichen wollte. Die Fahrt entlang der Küste war wunderschön. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen wurde Landwirtschaft betrieben. Und zwar ohne Traktor, dafür mit Esel oder schlicht von Hand. Ich hatte 80 Kilometer vor mir, dazu einen kräftigen Gegenwind und vor Erreichen der Stadt waren da noch drei Monsterhügel zu bewältigen. Ich war todmüde als ich ankam, doch mein Zeitplan ging auf. In Al Hoceima kaufte ich mir als erstes eine marokkanische Simkarte. Sie kostete mich 30 Dirham (3 CHF) mit allem was man so benötigt inklusive. Daneben half man mir freundlich bei der Installation und begleitete mich anschliessend zu meinem Hotel. Bevor ich mir eine warme Dusche und das weiche Bett gönnte, ging es noch auf die Suche neuer Lebensmittel. Supermärkte gibt es in Marokko nicht. Alle Dinge kauft man entweder auf dem Markt oder in kleinen privaten Shops. Wahrscheinlich machen die Verkäufer mit mir jedes Mal das Geschäft ihres Lebens, da ich mich mit dem Märten und der Währung noch etwas schwer tue. Aber was soll‘s, ist auch so alles saubillig hier.

Am nächsten Tag startete ich bei Regen. Zuerst war ich richtig froh, denn so war es nicht so warm. Gegen Abend wurde es dann sogar richtig kalt. Die Fahrt ging entlang und durch den Al-Hoceima National Park. Mein Ziel war der Campground in Kalah Iris. Die Ortschaft war super friedlich. Es gibt einen kleinen Fischerhafen und einen wunderschönen Sandstrand. Kein Mensch war hier und auch der Zeltplatz war leer. In Europa wäre ein Ort wie dieser überströmt von Touristen und dies wird eventuell auch hier bald der Fall sein, denn dieses Jahr soll der Bau eines Eco-Resorts starten. Leider regnete es den ganzen restlichen Tag und so verbrachte ich meine Zeit im kleinen Café trank Münzentee.

Da es die ganze Nacht durchgeregnet hatte, verwarf ich meine Backroadpläne und fuhr die zehn Kilometer zurück auf die Hauptstrasse. Danach standen für den Tag drei Pässe auf dem Plan. Einmal 400, dann 500 und zum Dessert 800 hoch. Und dazwischen ging es natürlich immer wieder bergab bis auf Meereslevel. Doch die Landschaft war fantastisch. Vor dem dritten Anstieg war für mich klar, dass ich es zeitlich nicht mehr nach El Jabab schaffen werde. Doch ich hatte nicht mit Nachat und Hassan gerechnet. Sie meinten erst, ich soll mich an ihrem Autofenster festhalten, sie würden mich ein paar Minuten den Berg hochziehen. Dies funktionierte erstaunlich gut und wir kamen ins Gespräch. So verluden wir schliesslich mein Fahrrad und sie chauffierten mich bis in das Dorf. Auf dem Pass hatte es Schnee und es nieselte noch immer. Die lange Abfahrt zu verpassen, war also nicht weiter tragisch. In El Jabab angekommen luden sie mich zum Essen ein. Ich war das erste Mal in einem Restaurant und war froh um Begleitung, welche ich ungeniert über die Essverhaltensweisen ausfragen konnte. Es gab Kichererbsen, Oliven und gebratene Fische. Gegessen wird mit der rechten Hand, und das Besteck ist mit Fladenbrot ersetzt. Anschliessend brachten sie mich in ein Hotel. Ich hatte ein frisch renoviertes Zimmer mit Bad. Ein Balkon mit Sicht auf den Hafen. Alles für 100 Dirham.

Weiter ging es auf und ab der Küste entlang. Auf der Strasse selber sieht man meist mehr Taxis als private Autos. Und beide, wie auch die Busse immer gestossen voll mit Leuten. Auch hier in einem weniger bewohnten Gebiet, gab es unglaublich viele Leute die entlang der Strasse gingen. Geld für ein eigenes Auto oder Taxi schein oft nicht vorhanden zu sein. Im kleinen Fischerdorf Steha wollte ich die Nacht verbringen. Doch das Hotel war geschlossen. Ich fragte also in einem Shop ob es eine andere Übernachtungsmöglichkeit gibt. Man brachte mich zu dem „La Maison“, einem leerstehendem dreistöckigem Gebäude. Ich hätte mich auch mit weniger zufrieden gegeben, aber wollte dann nicht pingelig tun.

Der nächste Tag startete spektakulär. Nachdem ich zirka eine Stunde unterwegs war, überholte mich ein Auto mit einem platten Hinterrad. Erst als das Fahrzeug den Pneu verloren hatte, fuhr der Fahrer auf den linken Seitenstreifen. Doch er hielt nicht etwa, sondern bog auf einen Feldweg ein. Zum gleichen Zeitpunkt parkierte ein anderes Auto auf der rechten Seite der Strasse und ein Morokkaner mit einer Pistole in der Hand rannte auf mich zu und folgte anschiessend dem anderen Fahrzeug. In welchem Krimi bin ich denn hier gelandet? Ich stellte mich wundernd zu ein paar Schülerinnen, welche sich auf dem Heimweg befanden, fand dann aber, dass es eventuell sinnvoller ist, einfach weiter zu radeln. Gleichzeitig wunderte ich mich über die Traube von Schaulustigen, welche sich sofort gebildet hatte. Wie haben all die Leute mitgekriegt, was hier abgeht? Später erfuhr ich ausserdem, dass Waffen in Marokko verboten sind.

Kurz vor Oued Laou verliess ich die Meeresküste und bog in die Rif Mountains ein. Die Route führte mich durch den Talassemtane National Park ein. Hier konnte ich es etwas mehr geniessen, ein paar Höhenmeter zu überwinden. Fährt man für Wochen nur entlang der Küste, wird es nämlich etwas monoton.

Und nach der ersten Woche in Afrika erreichte ich Chefchaouen, eine der absolut grossartigsten Städte in welcher ich jemals war. Es war alles blau. Alles! Im Hostel machte ich schnell Freunde. Wir machten eine kurze Wanderung hinauf zur spanischen Moschee, um die Aussicht auf die Stadt zu geniessen und verbrachten Stunden mit erkunden der engen Gassen der Altstadt. Bei Sonnenuntergang lauschten wir dem „Call to Prayer“ auf der Dachterrasse, welcher aus jeder Richtung ertönte und sich von Bergen reflektierte. Danach ging es zurück ins Getümmel, um uns den Bauch mit lokalem Essen vollzustopfen.

Marokko ist unglaublich. Ich liebe das Chaos hier, wie alles etwas improvisiert ist. Die Leute welche erst um 8 Uhr das Haus verlassen, anschliessend aber unglaublichen körperlichen Einsatz bei der Arbeit zeigen. Ich liebe die die Farben der Kleider der Frauen und die traditionelle Djellaba der Berbermänner. Es gibt so viel Neues zu entdecken, zu erleben. Schade ist bei konservativen Marokkanern noch immer die Ansicht verbreitet, dass Frauen in der Nacht nichts auf der Strasse zu suchen haben. So kann ich nicht in den Sonnenuntergang radeln und dann einfach mein Zelt hinter einem Busch aufschlagen. Aber auch wenn ich immer etwas nervös bin ob ich eine Unterkunft finde, liebe die Herausforderung mich irgendwie mit Händen und Füssen durchschlagen, Kompromisse einzugehen, mich auf meine Menschenkenntnisse verlassen und mir von Männern helfen lassen. Insgesamt also kürzere Tage, dafür intensivere und eine warmen Bett, eine Dusche und abwechslungsreiche Mahlzeiten im Gegenzug. Ich bin froh klappte mein Start hier so reibungslos, ich bin voll motiviert noch eine ganze Weile das spannende Land zu erkunden. Inschallah!

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