Finnland

Finnland, Land der Zehntausend Seen, macht seinem Beinamen alle Ehre. Ein Zehntel der Landesfläche steht solchermassen unter Wasser und über zwei Drittel sind bewaldet. Kein Wunder, dass in Finnland die Sauna erfunden wurde. Sümpfe und Moore, die dritte Landschaftsform, finden sich vor allem in Mittel- und Nordfinnland. Hier wurde klar, weshalb die Finnen ihr Land Suomi nennen – Suomi, Sumpfland!

FogNachdem ich in Norwegen immer komfortabel auf Asphalt rollte, wollte ich hier unbedingt auf ungeteerten Nebenstrassen durch menschenarme Weiten radeln. Mir fehlte das Abenteuer, die Planungsfreiheit, dass mal etwas schiefläuft, wenn man einfach ins Blaue hineinradelt. Norwegen fühlte sich mehr wie Ferien als Reisen an.

VardoIch entschied mich für den Iron Curtain Trail entlang der Grenze zu Russland. Was ich fand, war vor allem Einsamkeit pur. Die Landschaft blieb sich durch ganz Finnland treu. Kilometerweit ging es durch Wälder, dann konnte man mal einen See hinter ein paar Kiefern erahnen und schon ging es wieder kilometerweit geradeaus durch dichten Wald. Überaus beeindruckend – und je nach Wetterlage auch manchmal bedrückend und mental herausfordernd. Zudem kam es durchaus vor, dass ich mehr Rentieren als Menschen begegnete. Die Orte waren oft so klein, dass sie kaum wahrgenommen wurden und ich mich fragte, wer hier lebt und was die Menschen Tag ein Tag aus so tun. Auch die Städtchen konnten nur selten mit Sehenswürdigkeiten beeindrucken und dienten meist nur, um meine Vorräte aufzufüllen.

Meinen Entdeckerdrang stillte ich mit der abendlichen Suche nach einem Laavu, kleinen Unterständen aus Holz. Sie befanden sich immer an einer Wasserquelle, hatten eine Feuerstelle mit Holzvorrat und eine Komposttoilette. Ich sammelte Blau- und Moltebeeren, erfrischte meinen verschwitzten Körper im See und genoss anschliessend die Ruhe an einem Feuer. Die Stimmung war einzigartig – meist stellte sich bei mir erst hier das wahre Finnland-Feeling ein.

LaavuRückblickend war meine Finnlandtour vor allem Sport. Es heisst immer, Finnland sei flach und daher das ideale Land für Tourenfahrer. Trotzdem empfand ich die Tour als ziemlich anstrengend. Vermutlich ist dies psychologisch begründet. Meistens ging es nur 20 bis 50 Höhenmeter rauf und runter, dies aber eben wirklich wochenlang.

In Helsinki war ich zu einem Trail Marathon angemeldet und befand es für sinnvoll meine Laufmuskeln darauf etwas vorzubereiten. So fuhr ich von Nationalpark zu Nationalpark, lies mein gesamtes Hab und Gut stehen und erkundete die geschützten Landschaftsgebiete rennend. Sie waren Oasen unberührter, wilder Natur mit herrlichen Seen, grünen Wäldern oder wilden Flüssen. Innerhalb der Parks konnte ich die finnische Natur richtig geniessen.

Finnland ist ein Ferienhausland. Fast jede Familie besitzt irgendwo auf dem Land ein gemütliches Holzhaus, wo insbesondere im Sommer viel Zeit verbracht wird. In Savonlinna wurde ich erneut von Stefanie besucht und wir machten eine Woche Urlaub nach finnischer Art. Das «Mökki» befand sich direkt an einem See und hatte die obligatorische holzbetriebene Sauna, ein Kanu und ein SUP-Board. Die Zeit verflog wie im Flug, obwohl wir eigentlich nichts gemacht haben.

Rückblickend wundert mich nicht, dass ich erst auf der Fähre von Helsinki nach Tallin auf andere Radfahrer*innen stiess. Alle waren froh, dass etwas Neues ansteht. Ich war die Einzige, die auch mit einem weinenden Auge abreiste. Im Gegenzug zu ihnen wurde ich nicht von Mücken gequält. Mein Wetter war immer wunderbar und an den vereinzelten Gewittern hatte ich grossen Spass. Ich genoss die Sauberkeit und Ruhe, welche ich in Finnland vorfand. Ich rannte einen Marathon.

Auch war ich die Einzige unserer Truppe, welche warm mit den Finnen wurde. Sie sind wirklich etwas Besonderes. Zurückhaltend aber freundlich – und immer überraschend anders. Vielleicht sind wir uns gar nicht so verschieden.

 

 

 

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