Nach zwei Regentagen in Aix ging es weiter in den Luberon, ein Mittelgebirge das sich in der Provence in Ost-West-Richtung am nördlichen Rand des Durance-Tals erstreckt. Es gibt zahlreiche malerische Dörfer, die an den Hängen thronen und damit eine fantastische Aussicht bieten. Rund um die Berge prägen Weinberge die Landschaft, man findet aber auch die für die Provence typischen Lavendelfelderder. Diese waren zu dieser Jahreszeit und mit dem herrschenden Wetter eher etwas trist. Sobald aber die Sonne schien, leuchteten die Herbstfarben besonders schön und es ergab sich ein wahres Farbspecktakel. Das Blau des Himmels und das Grün der Pinien verstärken diese Farbeindrücke noch. Die Region rund um die Orte Roussillon und Rustrel sind bekannt für ihren Ockerabbau. Ich kettete mein Fahrrad an einen Baum und machte eine Wanderung durch die skurrilen Felsformen in den typischen Farben von Farben von Gelb bis Rot.
Anschliessend besuchte ich die Dörfer Gordes und Les Baux de Provence, welche beide auf einem Felsvorsprung türmen. Mein Timing passte beide Male ideal und ich konnte sie noch vor den grossen Touristenanstürmen erkunden. In Les Baux de Provence, einem der meist besuchten Orte in Frankreich, war ich ehrlichgesagt die Einzige die in den Gassen herumirrte. Weniger ideal ist, dass der Tag anschliessend mit einer Abfahrt begann, ist es doch inzwischen übel kalt um diese Tageszeit.
Anschliessend ging es zurück ans Mittelmehr. Auf der Fähre, welche mich ins Gebiet der Camargue brachte, traf ich auf Carolina und Per aus Schweden. Sie sind seit vier Monaten unterwegs und erst am Anfang ihrer Weltreise. Der Zeitpunkt traf sich ideal und so hatte ich am folgenden Tag Gesellschaft um mein erstes Jahr auf dem Fahrrad zu feiern. Wir zelteten am Strand, beobachteten Flamingos während dem Sonnenuntergang, hatten ein Lagerfeuer und Wein aus einer Cave Cooperative. Ich hätte mir nichts mehr wünschen können. Zwischen Palavas und Frontignan erwartete uns einige Tage später wohl die schönste Strecke welche ich in Frankreich gefahren bin. Zwar war es mal wieder eine riesige Schlammschlacht und wir schoben unsere Velos hauptsächlich. Im Kanal neben uns hatten RuderInnen ihr Training, welche uns motivierten. Nein taten sie nicht. Aber immerhin wurden wir nicht ausgelacht und sie schüttelten auch nicht mit einem „mon dieu“ ihre Köpfe, was mir hier in Frankreich alles auch schon passiert war. Am folgenden Tag gab es als erstes für unsere Fahrräder eine Dusche am Strand. Danach führte uns der Radweg bis nach Béziers, wo ich mich leider von meinen neuen Freunden verabschieden musste. Ich konnte sie nicht von Carcassonne überzeugen und sie hielten an ihrem alten Plan fest.
Meine Strecke führte entlang dem Canal de Midi landeinwärts. Und schon von weitem erblickte ich die mittelalterliche Burg. Ihr Anblick mit den dicken zickzacken Mauern, den stacheligen Türmen war zweifelslos beeindruckend. Leider traf ich es hier zeitlich nicht so ideal. Innerhalb der Festung gab es Turistenshop an Turistenshop, all paar Meter konnte man Crêpes kaufen und die Gassen waren gestopft voller Schaulustiger.
Durch die Ausläufe der Pyrenäen und die Region der Cathar Castles ging es mal wieder Richtung Mittelmeer zurück. Erst hier viel mir auf, wie sehr ich es vermisst hatte, weg vom Verkehr zu sein. Hier konnte von Radweg zu Radweg, mal um die Berge, mal über die Hügel mich in Richtung Süden strampeln. Die Berglandschaft mit ihren Ruinen war fantastisch. Dafür war dies hier kulinarisch jetzt nicht wirklich das Highlight und mein Essensvorrat bestand am Ende nur noch aus Haferflocken. Auch das Gas ging mir aus und so musste ich an den Morgen ohne heissen Kaffee abwarten, bis aller Frost und ich aufgetaut waren.
Der letzte Streckenabschnitt in Frankreich führte mich entlang der Cote Vermeille. Bis zur Grenzen ging es auf und ab durch hüglige Weinberglandschaft immer mit Aussicht auf steinige Buchten. Ich platzierte mein Zelt ein letztes Mal an einem Viewpoint auf das Mittelmeer und den Ausläufen der Pyrenäen. Am folgenden Tag überquerte ich die Grenze und verabschiedete mich von netten Kaffees mit unfreundlicher Bedienung, von Gemüsemärkten welche ich täglich besuchen konnte, von der Wildschweinjagt und den tausenden Boulspieler. Am meisten werde ich wohl die Bäckereien mit den Croissants und dem Baguette vermissen. Ich bin gespannt was mich in Spanien erwartet; auch hier werde ich auf meinem bepackten Fahrrad bestimmt als Sonderling angesehen.