Mit einer Höhe von 6190 Metern ist Mount Denali der höchste Berg in Nordamerika. Der Denali Nationalpark wurde aber nicht wegen des Bergriesens gegründet, sondern um die vielfältige Tierwelt in dieser alpinen Taiga- und Tundra-Region zu schützen. Das Denali-Massiv ist so riesig, dass es sein eigenes Wetter kreiert.
Doch nicht nur im Denali Nationalpark sah das Wetter schlecht aus. Auch als ich mit Jimbo Delta Junction erreichte regnete es aus strömen. Und der Wetterbericht für die kommenden Tage sah nicht besser aus. Egal ob ich den Bericht für den Denali Highway, Fairbanks oder Anchorage betrachtete, es schien in der nächsten Woche in ganz Alaska zu regnen. Ich verbrachte einen Tag in Delta, gönnte mir mal wieder eine Dusche, wusch meine Wäsche und verbrachte viel Zeit in der Bibliothek. Am nächsten Tag riss das Wetter gegen Mittag auf und so fuhr ich weiter. Alles bergauf ging es entlang dem Richardson Highway bis zur Abzweigung zum Denali Highway. Der Richardson Highway ist die älteste Strasse in Alaska. Es gab viele Möglichkeiten Alaskas Ölpipeline zu betrachten, welche parallel zum Highway verläuft. Aber auch sonst war diese Route wieder deutlich spannender als die Strecke auf dem Alaska Highway der Woche zuvor. Die Fahrbahn führt bergauf zu Bächen und Flüssen, die aus den Gletscherfeldern der Seitentäler beeindruckende Geröllwälle mitgeschleppt haben. Als ich am folgenden Tag die Junction erreichte, regnete es schlimmer als je zuvor. Somit konnte ich die Landschaft um den Summit Lake eher weniger geniessen.
Die 218 Kilometer lange Piste des Denali Highway gilt als eine der schönsten und urwüchsigsten im zentralen Alaska. Immer wiedergibt es Proteste gegen die Pläne, die Strecke durchgängig zu asphaltieren und damit der Besiedlung Vorschub zu leisten. Ich beschloss die kommenden Tage etwas gemütlicher als sonst anzugehen, denn irgendwann muss sich die Sonne ja wieder zeigen. Ich startete nach einem kurzen Frühstück bei Nieselregen. Beim ersten Lookout nahm ich mir viel Zeit um alle Standardfragen von Bustouristen zu beantworten und lies mich im Gegenzug mit Essen beschenken. Als sie weiterzogen wurde ich zudem für einen Kaffee in einen Campervan eingeladen. Das Wetter verbesserte sich in Zwischenzeit zwar nicht, doch ich hatte nun wieder warm. Die Strecke führte durch Tundra, mit vielen Tümpeln in sattgrünen Hügeln, wo ich Elche mit ihren Jungen beobachten konnte. Schliesslich war das Wetter an diesem Tag dann gar nicht so übel und auch der Nebel passte viel mehr in die Region, als er mich störte.
Als ich am folgenden Tag aus meinem Zelt kroch, machte ich grosse Augen, denn ich hatte plötzlich Aussicht auf schneebedeckte Berge. Zudem waren da blaue Flecken am Himmel und sogar die Sonne zeigte sich. Ich packte sofort meine Dinge zusammen und fuhr los. Ein paar Kilometer weiter zeigte sich der erste Gletscher und ein nettes Kaffee. Ich stoppte um den Moment zu feiern und erhielt sogar Pancakes offeriert. Es war ein herrlicher Tag. Gegen Abend tauchten die Bergkette der Alaskarange auf. Ihre Gipfel befanden sich nun aber leider wieder in den Wolken. Aber auch so war mein Ausblick von meinem Übernachtungsplatz spektakulär.
Am dritten und letzten Tag auf dem Denali Highway traf ich am Mittag auf Blaise. Er schloss sich mir an und wir fuhren die letzten Kilometer gemeinsam durch die einsame Gegend. Auch heute regnete es selten und wir konnten in vollen Zügen die Aussichten auf die Alaskarange, einsame Fichten und rote Berge geniessen. Einzig Mount Denali versteckte sich weiterhin in den Wolken. Nahe dem letzten Viewpoint schlugen wir die Zelte auf, denn wer weiss schon wie sich der Abend entwickelt. Und tatsächlich, gegen 10 Uhr verzogen sich die Wolken und ich konnte meinen ersten Blick auf den Riesen im roten Abendlicht geniessen. Wer hätte dies mit diesem Wetterbericht erwartet.
In der Tankstelle deckten wir uns mit neuem Essen ein. Als wir anschliessend den Wetterbericht betrachteten, kam die grosse Enttäuschung. Denn auch nun schien es die folgende Woche nur zu regnen. Doch Blaise hatte alte Arbeitskollegen in der Umgebung und so verbrachten wir zuerst die ersten zwei Nächte bei Familie Mason. Montag schien es nur bewölkt zu sein und wir setzten alles auf diesen Tag.
Private Fahrzeuge sind im Denali Nationalpark nicht zu finden – der Park, mehr als halb so gross wie die Schweiz, ist nur über eine Schotterstrasse mit öffentlichen Bussen zu erreichen. Allerdings sind Fahrräder im Park zugelassen. Um die Chancen Mount Denali zu sehen, beschlossen wir in und aus dem Park zu fahren. Wir rüsteten uns mit bärsicheren Boxen aus und holten unser Backcountry Camping Permit ein. Danach ging es los. Bereits in den ersten 15 Kilometern sah ich meine ersten zwei Karibus. Viele weitere sollten folgen. Landschaftlich interessant wurde es ab den Igloo Creek. Und ab dem Polychrome Overlook fuhr ich nur noch mit offenem Mund. Dies war auch der Punkt wo wir unser erstes Camp aufschlugen. Bereits am Abend wurde das Wetter besser und wir wanderten etwas durch die Gegend, beobachteten Elche, Mountain Goats und weitere Karibus. Auch wenn wir Mt Denali im Park nicht zu Gesicht bekommen sollten, der Parkbesuch lohnte sich schon jetzt.
Als wir unsere Fahrräder am nächsten Morgen wieder frisch gepackt hatten, tauchte ein Grizzly genau auf unserem Essplatz auf. Mit etwas Herzklopfen stiessen wir unsere Velos etwas schneller zurück auf die Park Road. Doch der Bär war auch so viel mehr an den Blaubeeren interessiert. Das Wetter war noch immer fabelhaft. Highway Pass, Stony Hill und Thorofare Pass hiessen die Steigungsstrecken auf dem Weg zum Eielson Visitor Center. Genug Zeit wo Mt Denali leider wieder in einer dunklen Wolke verschwinden konnte. Zwei Kilometer nach dem Informationszentrum war die Strasse aufgrund einer Schlammlawine gesperrt. Mit den Fahrrädern hatten wir allerdings keine Probleme die Stelle zu passieren. Für all die Buse war hier allerdings Endstation. So konnten wir die restlichen 40 Kilometer ohne Verkehr geniessen. Leider regnete es die letzte halbe Stunde in Strömen. Wir änderten unsere Pläne und fuhren zum Zeltplatz am Wonderlake, um den Abend unter einem Schutzdach zu verbringen. Auf dem ausgebuchten Zeltplatz waren aufgrund der gesperrten Strasse nur zwei Wanderer. Sie verbrachten bereits eine Nacht hier und sahen Mt Denali am Morgen beinahe Wolkenlos. Waren wir tatsächlich ein Tag zu spät?
Selbstverständlich nicht. Auch wenn es praktisch nur regnet seit ich in Alaska bin, verliess mich das Wetterglück nicht. Diesen atemberaubenden Anblick aus meinem Zelt werde ich nie vergessen. Es war 5:30 am Morgen und Mt Denali zeigte sich in rotem Glanz. Während ich zwei Stunden später mein Heidelbeerfrühstück genoss, verschwanden auch die letzten Wolken und der Gigant zeigte sich in voller Grösse. Niemand hat dieses Wetter erwartet, die Blicke auf den Berg von hier waren absolut spektakulär. Wir fuhren sofort los zum Reflection Pond um Fotos zu schiessen. Die Stunden in denen wir zurück zum Visitorcenter fuhren vergingen wie im Flug. Doch hier verschwand Mt Denali dann auch schon wieder in einer dicken Nebelsuppe. Für die letzten 100 Kilometer lässt sich nur eines sagen: Es regnete. Beim Toklat River einigten wir uns darauf uns mit dem Bus aus dem Park chauffieren zu lassen. Doch Blaises Fahrrad war für die Bikeracks zu lange und wir konnten es nicht auf dem Bus montieren. Also hiess es Zähne zusammen beissen und etwas nassen Sonnenschein geniessen. Auch bei Regen war die Strecke durch die Berge absolut lohnenswert, und wir sahen zudem eine Grizzlymama mit zwei Babys. Komplett durchnässt und hungrig erreichten wir am darauffolgenden Tag erneut Masons Haus und genossen eine herrliche warme Dusche und ein trockenes Bett. Auch die Familie war glücklich über die vergangenen Tage, hatten sie doch ihr erstes Karibu geschossen dieses Jahr.
Apropos; der Wetterbericht für die kommende Woche sagt sieben Tage Schauer voraus. Was soll‘s, auch auf dem Hatcher Pass wird sich die Sonne nur für mich kurz zeigen!